Die sogenannte „Einfriedung“ von Grundstücken innerhalb von Ortschaften, also die Abgrenzung von Grundstücken durch Zäune oder Hecken, hat in Deutschland eine lange Geschichte. So genoss ein Garten ursprünglich nur dann Rechtsschutz, wenn er eine Einfriedung hatte. Wurde also Obst oder Gemüse gestohlen, ist der Diebstahl nur geahndet worden, wenn ein ordnungsgemäßer Zaun vorhanden war. Aber auch in heutiger Zeit ist in Deutschland genauestens geregelt, wer, wie und wo einzufrieden hat. In Niedersachsen regelt dies das Niedersächsische Nachbarrechtsgesetz (NNachbG).

Mittlerweile erfüllen Einfriedungen natürlich weniger die Funktion des Schutzes von Obst und Gemüse, da viele Menschen dieses (leider) nicht mehr selbst anbauen. Heutzutage möchte man vorrangig sein Eigentum nach außen hin zu erkennen geben und dieses gegenüber Blicken und anderen als störend empfundenen Einflüssen abschotten.

Vor dem Hintergrund schwindender Naturräume innerhalb sowie außerhalb von Ortschaften, abnehmender natürlicher Vielfalt und dramatisch sinkender Bestände von Insekten- und Vogelarten haben Einfriedungen jedoch noch ein weiteres Augenmerk erhalten: vor allem Hecken werden zunehmend unter dem Aspekt des Naturschutzes gesehen. Was die Intensivierung der Landwirtschaft über die letzten 50 Jahre vernichtet hat, soll nun zumindest bruchstückhaft in Privatgärten ersatzweise wiederhergestellt werden.

Dabei stellt sich Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer häufig ein Abwägungsproblem, denn eine Einfriedung mit einer Hecke, die eventuell mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllen soll, verlangt Klarheit darüber, was Priorität haben soll. Viele Menschen wünschen sich Sichtschutz, aber eventuell auch einen lebendigen Garten, der ihnen und ihren Kindern naturnahe Erlebnisse ermöglicht. Und genauso gibt es mittlerweile auch viele Menschen, die mit Natur so gar nichts mehr „am Hut“ haben. Sie mögen lieber eine akkurat geschnittene Hecke, die dem Ordnungssinn Genüge tut und erst recht nicht soviel „Viehzeugs“ anlockt. Je nach Gewichtung dieser – teils stark gegenläufigen – Ansprüche gibt es dann auch eine auf persönliche Vorlieben abgestimmte, „optimale“ Hecke.

Sucht man aber nach einer blickdichten Heckenpflanze, die gleichzeitig auch der Natur etwas bietet, wird in Gartencentern, Baumärkten und auf Garten-Internetseiten häufig der Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus) beworben.1 Neben seiner Unverwüstlichkeit und seiner ganzjährigen Blickdichtigkeit werden auch seine Vorzüge für die Natur betont: Es wird behauptet, dass seine Blüten viel Nektar für Bienen liefern und sich Vögel gerne in ihm aufhalten und brüten würden. Auch seine Früchte seien bei Vögeln sehr beliebt, heißt es. Kirschlorbeer – der Sechser im Lotto der Heckenpflanzen?

Lorbeerkirsche (Foto: Alrik Thiem)

Hinter den Marketing-Märchen sieht die Wahrheit jedoch vollkommen anders aus: Vögel brauchen im Frühling und Sommer Nahrung, die aus Insekten besteht. Diese finden sie auf Kirschlorbeer aber nicht, denn keine einheimische Insektenart lässt sich freiwillig auf ihm nieder. In der Tat ist der Kirschlorbeer in unseren Breiten so ökologisch wertlos, dass man seine Blätter auch nach zwei Jahren auf dem Kompost quasi unverändert wieder herausziehen kann. Weder Springschwänze noch Regenwürmer, ja nicht mal die Mikroben, können mit ihm etwas anfangen.

Dass der Kirschlorbeer Nektar bietet, ist übrigens kein wesentlicher Vorteil, denn viele unserer ökologisch bedeutsamsten Pflanzen bieten teils kaum oder gar keinen Nektar.2 Ganz ähnlich verhält es sich daher auch mit dem allseits beliebten „Schmetterlingsstrauch“, auch „Sommerflieder“ genannt (Buddleja davidii). Er bietet auch Nektar, aber sonst rein gar nichts. Die Raupen keiner Schmetterlingsart können sich von ihm ernähren, und ohne Raupen keine Schmetterlinge. Hier beißt sich die Katze also in den eigenen Schwanz. Nur weil eine Pflanze Nektar bietet, ist sie also nicht automatisch wertvoll für die heimische Natur.

Und was ist mit Kirschlorbeer als Brutstätte für Vögel? Auch hier lohnt ein genauerer Blick: Die Amsel, die Drosselart mit dem weitaus größten Toleranzbereich unserer einheimischen Vogelarten, würde sogar in Ermangelung einer Alternative in einer flackernden Leuchtreklame brüten. Die Behauptung, dass sich Vögel gerne in Kirschlorbeer aufhielten, ist nicht auf die Attraktivität des Kirschlorbeers zurückzuführen, sondern auf die Beobachtung von sich darin aufhaltenden Amseln, denen schlichtweg keine bessere Alternative in der Nähe zur Verfügung stand. Jede Amsel würde einen dichten Efeu – wäre er denn da – dem Kirschlorbeer vorziehen.

Übrigens werden die Früchte des Kirschlorbeer auch nur von Drosselarten wie der Amsel gefressen. Aber gerade das stellt sich als mit Abstand größtes Problem heraus, und nicht als Vorteil, denn durch den relativ hohen Bestand an Amseln verbreitet sich die äußerst invasive Pflanze in der Landschaft munter weiter. Dort verdrängt sie dann einheimische Pflanzen von ihren Standorten.3 Dieses Problem ist mittlerweile so gravierend, dass einige Länder zu entsprechend drastischen Mitteln greifen. So gilt z.B. in der Schweiz ab dem 1. September 2024 ein striktes Verbot für die Einfuhr, den Verkauf und sogar das Verschenken von Kirschlorbeer (übrigens auch für den Schmetterlingsstrauch). Wenn Ihnen die Natur also nicht vollkommen egal ist, verzichten Sie bitte auf Kirschlorbeer und ähnlich ökologisch wertlose Pflanzen wie Rhododendron, Glanzmispel, Forsythie oder Thuja.

Gibt es also Alternativen zu den Exoten? Na klar, die gibt es in großer Zahl, denn unsere heimische Pflanzenwelt ist deutlich vielfältiger, als es so mancher Gartencenter-Außenbereich vermuten lässt! Die folgende Tabelle soll Ihnen eine Orientierungshilfe bei der Wahl Ihrer optimalen Heckenpflanze bieten. Generell gilt: wenn Ihnen Natur im eigenen Garten wichtig ist, dann ist eine einheimische Art immer die bessere Wahl. Und warum auch nicht mal einheimische Pflanzen mischen? An Stellen, wo es ganzjährig blickdicht sein soll, können Sie die Eibe oder auch die Hainbuche setzen, und anderswo vielleicht Weißdorn, Schlehe oder die Heckenkirsche. So entstehen Vielfalt und Abwechslung im Garten. Jeder Gartenspaziergang wird dann zur spannenden Entdeckungsreise.

Um den ökologischen Nutzwert Ihrer Grundstückhecke noch zu erhöhen, schneiden Sie sie auch nicht zu oft und zu streng, da sie sonst keine Blüten und Früchte ausbilden kann. Einer Hecke aus einheimischen Pflanzen steht ohnehin ein naturnäherer Wuchs deutlich besser als 12 akkurat rechte Winkel.

PflanzeEinheimischImmergrünKommentar
Lorbeerkirsche Prunus laurocerasusNeinJaökologisch hochproblematisch
Abendländischer Lebensbaum
Thuja occidentalis
NeinJaanfällig bei Trockenheit
Gemeiner Liguster
Ligustrum vulgare
JaTeilweisehält Laub sehr lange, daher relativ blickdicht
Eibe
Taxus baccata
JaJaschnittverträglich; langsam wachsend; wird sehr alt
Hainbuche
Carpinus betulus
JaNeinhält verwelktes Laub sehr lange, daher auch im Winter relativ blickdicht
Rotbuche
Fagus sylvatica
JaNeinsehr schnittverträglich
Eingriffeliger Weißdorn
Crataegus monogyna
JaNeinHeckenpflanze mit langer Geschichte; sehr beliebt bei Kleinvögeln
Feldahorn
Acer campestre
JaNeinschnell wachsend und sehr schnittverträglich; Laub gut für Kompost
Wildrosen
Rosa arvensis, Rosa canina, Rosa glauca, Rosa majalis, Rosa micrantha, Rosa rubiginosa
JaNeinSchöne Blüten; teilweise duftend; Hagebutten; beliebt bei Insekten und Vögeln
Schlehdorn
Prunus spinosa
JaNeinViele weiße Blüten im April; kleine, blaue Früchte; äußerst beliebt bei Insekten und Vögeln; starke Dornen
Gemeine Heckenkirsche
Lonicera xylosteum
JaNeinsehr gut verzweigter Wuchs, dadurch auch im Winter relativ blickdicht; beliebt bei Insekten und Vögeln

Abschließend noch ein Wort zur Giftigkeit, denn diese wird häufig in Diskussionen um Hecken- und Gartenpflanzen stark betont: wie man einem Kind beibringt, an einer Straße vor einer Überquerung anzuhalten und zu schauen, sollte man ihm natürlich auch beibringen, was es essen kann und wovon es lieber die Finger lassen sollte. Das gilt für den ökologisch wertlosen Kirschlorbeer – übrigens Giftpflanze des Jahres 2013 – ebenso wie für die einheimische Eibe. Tatsächlich ist Giftigkeit bei Heckenpflanzen aber ein Thema, das kaum der Rede wert ist, denn schwere Vergiftungen sind extrem seltene Einzelfälle.4 Lassen Sie sich deshalb nicht irritieren, wenn über die Giftigkeit von Gartenpflanzen debattiert wird.


Endnoten

  1. Der Begriff „Kirschlorbeer“ ist eigentlich falsch, denn die Pflanze heißt richtig „Lorbeerkirsche“. Aus Marketinggründen wurden die Namensbestandteile jedoch vertauscht. ↩︎
  2. Zum Beispiel bieten Brennnesseln keinen Nektar, da die Bestäubung durch den Wind erfolgt. Sie gehören jedoch zu den bedeutendsten Futterpflanzen für Schmetterlingsraupen. ↩︎
  3. Neben der Verbreitung durch Vögel ist auch die illegale Entsorgung von Strauchschnitt in der Landschaft eine wesentliche Ursache für die Verbreitung des Kirschlorbeers. ↩︎
  4. Die Gefahr für den Menschen durch giftige Bestandteile von Pflanzen wird unverhältnismäßig überbetont. Laut Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2022 lediglich 0,13 % aller Todesfälle auf Vergiftungen im Allgemeinen zurückzuführen (inklusive Lebensmittelvergiftungen, Medikamentenvergiftungen, etc.). Detailliertere Erhebungen haben ergeben, dass Pflanzen nur in sehr seltenen Einzelfällen zu schweren Vergiftungen, oder sogar Tod führen. Diese sind dann allerdings meist durch Pilze verursacht und werden der Einfachheit halber in derselben Kategorie aufgelistet (Müller und Diesel 2013). ↩︎

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